Der institutionelle Rahmen der Kriegsgefangenenfürsorge der Habsburgermonarchie 1914–1918

di Matthias Egger

Abstract

In Österreich-Ungarn – wie auch in anderen europäischen Staaten – existierten vor 1914 nur unzureichende Dispositionen für die Administration der Kriegsgefangenen und die Organisation der Kriegsfürsorge im Kriegsfall. Daher mussten die benötigen Strukturen während des Krieges aus dem Stegreif geschaffen werden. Dies wiederum führte dazu, dass sich einerseits gerade in den Jahren 1914/15 ein ständiger Wandel im Aufbau und der Zugehörigkeit von Institutionen beobachten lässt. Andererseits entstanden vor allem im Bereich der Kriegsfürsorge unzählige Organisationen, deren Kompetenzen nicht immer klar von einander getrennt waren und von denen manche auch noch ähnlich klingende Namen trugen. Angesichts dieser unübersichtlichen Ausgangslage und den mitunter verworrenen Strukturen, setzt es sich dieser Aufsatz zum Ziel, den institutionellen Rahmen der Fürsorgetätigkeit der Habsburgermonarchie für die 2,8 Millionen österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen „in Feindeshand“ herauszuarbeiten.

Abstract english

Before 1914 only insufficient directives for the administration of Prisoners of War (POWs) and the organisation of their assistance existed in most European countries. This general observation holds also true for the Habsburg Monarchy. As a consequence after the outbreak of the First World War the necessary structures had to be set up on an ad hoc basis by the Austro-Hungarian government. Especially during the first year of the war there was a constant change in the composition and the affiliation of the involved organisations. Moreover several welfare organisations were set up, which often had similar names and not clear-cut separated competences, e.g. under the banner of the Red Cross there existed in Vienna the “Gemeinsames Zentralnachweisebüro, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene“, the “Auskunftsbüro der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz” and the “Rot-Kreuz-Kriegsauskunftsstelle”. Only the first institution was in charge of POWs. Even for the contemporaries it was not an easy task to distinguish between the various organisations (or address the right one, if they wanted to support their captured family members) and it is still not an easy task for historians as well to do so. Hence this article aims at carving out the central involved ministries and organisations, their competences and their interactions in organising and conducting assistance efforts for Austro-Hungarian POWs abroad.

Im Rahmen dieses Aufsatzes wird unter dem Begriff „Kriegsgefangenenfürsorge“ nicht nur materielle Hilfeleistung verstanden, sondern alle Anstrengungen, die dazu dienen sollten, Kriegsgefangene oder deren Angehörige zu unterstützen. Dazu zählen diplomatische Initiativen zu Gunsten der Kriegsgefangenen ebenso wie die Auskunftserteilung an deren Angehörige.

Eines Abends, wir bekamen die Post gegen sieben Uhr, lese ich in der neuen [sic!] Freien Presse1 das Ultimatum an Serbien. Ich war starr vor Entsetzen über den Inhalt und Form dieses Schriftstückes. Das war wirklich der Weltkrieg. […] Auf Andrängen Mauses meldete ich mich, der ich allein unbeschäftigt war, zu einer Dienstleistung beim Roten Kreuz. Ich muss beifügen, dass ich mich sofort nach der Mobilisierung beim Landesverteidigungscommando [sic!] in Innsbruck zur Dienstleistung gemeldet hatte, worauf ich jedoch nie eine Antwort erhielt. Vom Roten Kreuze wurde ich nach zwei Tagen gefragt, ob ich nicht die Angelegenheit der Kriegsgefangenen übernehmen wolle und, dass sie gar nicht wüssten, um was es sich dabei handle. Obwohl ich ebenso wenig davon wusste, noch weniger ahnte, welche Dimensionen diese Sache annehmen würde, sagte ich sofort zu und trachtete mich über meine Aufgaben zu orientieren. (Spiegelfeld [1924], 357-359).

Mit diesen Worten schilderte Markus Graf Spiegelfeld2 seinen Dienstantritt beim Österreichischen Roten Kreuz im August 1914. Wie in der Habsburgermonarchie, so wurde auch in den anderen kriegführenden Staaten im Spätsommer/Herbst 1914 damit begonnen, Institutionen für die Administration der Kriegsgefangenen zu schaffen. Die europäischen Staaten hatten sich zwar in der Haager Landkriegsordnung (HLKO) von 1907 auf völkerrechtliche Grundlagen für die Administration und Behandlung von Kriegsgefangenen einigen können, aber vor 1914 rechnete niemand mit den ungeheuren Dimensionen, die das Phänomen „Kriegsgefangenschaft“ im Verlauf des Ersten Weltkriegs annehmen sollte. Folglich wurde der Thematik vor dem Krieg weder von militärischen noch von zivilen Institutionen große Priorität beigemessen. Zwar gab es einige grobe Dispositionen für den Kriegsfall (beispielsweise waren Zuständigkeitsbereiche festgelegt worden), aber diese erwiesen sich im August 1914 als unzureichend. Daher mussten die nötigen administrativen Strukturen erst im Laufe des Krieges aufgebaut werden, ohne dass man dabei auf ausgearbeitete Pläne oder Erfahrungswerte aus vergangenen Konflikten zurückgreifen hätte können (Oltmer 2006).

Dieser allgemeine Befund trifft insbesondere auf Österreich-Ungarn zu, wie auch das eingangs angeführte Zitat aus den Erinnerungen des Grafen Spiegelfeld zeigt. Beim Österreichischen Roten Kreuz wusste man zunächst offenbar nicht recht, worum es sich bei den Kriegsgefangenenagenden eigentlich handle. Aber nicht nur das Rote Kreuz sondern auch das Kriegsministerium war – wie noch zu zeigen sein wird – im August 1914 nur unzureichend auf die Administration der Kriegsgefangenen im Kriegsfall vorbereitet, was zur Folge hatte, dass die nötigen Strukturen nach Kriegsbeginn aus dem Stegreif geschaffen werden mussten. Aber nicht nur hinsichtlich der Kriegsgefangenen erwiesen sich die Vorkriegspläne als ungenügend, sondern auch die Bestimmungen zur Organisation der Kriegsfürsorge waren alles andere als ausgereift.

In den Mobilisierungsvorsorgen [sic!] Oesterreichs bestand auf diesem Gebiete nur eine in weiten Kreisen und auch den politischen Behörden wenig bekannte Bestimmung, daß der jeweilige Bundespräsident der Oesterreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz im Mobilisierungsfalle als „k.k. Kommissär für das freiwillige Hilfsvereinswesen“ zu fungieren habe. Dies war die einzige [!] behördliche Vorsorge für die Organisation aller jener charitativen Unternehmungen, die im Kriege erfahrungsgemäß durch die patriotische Opferwilligkeit der Bevölkerung ausgelöst werden und die […] auch ein unbedingtes Erfordernis sind, um die Unbilden und Leiden des Krieges zu mildern. (Liechtenstein o. J., 263).

Diese unzureichenden Vorbereitungen zogen mehrere Konsequenzen nach sich, wobei die folgenden drei besonders bedeutsam erscheinen. Erstens mussten die nötigen Strukturen mehr oder weniger ad hoc geschaffen werden. Diese Vorgehensweise führte naturgemäß dazu, dass sich gerade in der Anfangsphase des Krieges ein stetiger Wandel im Aufbau und der Zugehörigkeit von Institutionen beobachten lässt. Besonders deutlich illustriert dies – wie die folgenden Ausführungen darlegen werden – die Vorgeschichte des Gemeinsamen Zentralnachweisebüros, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene. Zweitens verzögerte sich durch die mangelhaften Vorbereitungen und den laufenden Veränderungen in der Organisationsstruktur die volle Entfaltung der Fürsorgetätigkeit zu Gunsten der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen „in Feindeshand“. Drittens entstanden während des Krieges unzählige Organisationen im Bereich der Fürsorge, deren Kompetenzen nicht immer klar von einander getrennt waren (Liechtenstein o. J.) und von denen manche auch noch ähnlich klingende Namen trugen. Beispielsweise firmierten unter dem Zeichen des Roten Kreuzes neben dem Gemeinsamen Zentralnachweisebüro, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene (GNZB)3 noch ein Auskunftsbüro der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz (in der Kriegsschule) und eine Rot-Kreuz-Kriegsauskunftsstelle (am Stock im Eisenplatz). Bei diesen ähnlich klingenden Namen und den mitunter verworrenen Strukturen kann man leicht den Überblick verlieren. Um hier Abhilfe zu schaffen, setzt es sich dieser Beitrag zum Ziel, den institutionellen Rahmen der Fürsorgetätigkeit der Habsburgermonarchie für die in Gefangenschaft geratenen Angehörigen der k.u.k. Armee zu rekonstruieren. Welche Ministerien bzw. Organisationen waren für die Unterstützung der insgesamt 2,8 Millionen (Oltmer 2006, 13) österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen hauptverantwortlich? Wie funktionierte das Zusammenspiel zwischen den involvierten Institutionen in der Praxis? Diese zwei zentralen Fragestellungen sollen im Rahmen dieser Untersuchung anhand von zeitgenössischen Publikationen und Quellenmaterial aus dem Österreichischen Staatsarchiv beantwortet werden.

Das k.u.k. Kriegsministerium

Obwohl die Zuständigkeit für die Kriegsgefangenen in das Ressort des k.u.k. Kriegsministeriums fiel (Streeruwitz o. J., 67), hatte man sich innerhalb des Ministeriums vor 1914 offenbar wenig konkrete Gedanken über die Organisation der Kriegsgefangenenagenden gemacht. Es existierte lediglich eine Direktive, die besagte, dass die Kriegsgefangenenangelegenheiten im Kriegsfalle der 10. Abteilung übertragen werden sollten (Kreiner 1996, 15). Diese Abteilung war vor 1914 eigentlich für Beschaffungs- und Nachschubangelegenheiten zuständig. Mit Kriegsbeginn erhielt sie die Gefangenenagenden übertragen. Allerdings war dies angesichts der rasch ansteigenden Anzahl von eigenen wie feindlichen Gefangenen keine dauerhafte Lösung und so wurde Anfang September 1915 ein eigenes Gremium geschaffen, welches sich ausschließlich mit Kriegsgefangenen befasste. Es handelte sich dabei um die so genannte „Abteilung 10/Kriegsgefangene“. (Nachtigal 2003, 94f.) An der Spitze des neuen Gremiums stand Oberst Stutz von Hartenwehr und als dessen Stellvertreter diente Major Zeidner (Nachtigal 2003, 94f.; Verzeichnis Kriegsministerium 1918, 20). Obwohl mit dem organisatorischen Neubeginn auch eine Erhöhung des Personalstandes einherging und 1918 schließlich rund 50 Offiziere in der Abteilung ihren Dienst versahen (Verzeichnis Kriegsministerium 1918, 20), waren die personellen Ressourcen angesichts des enormen Arbeitsaufwandes knapp bemessen4.

Über den Aufbau der Abteilung 10/Kriegsgefangene gibt es leicht divergierende Angaben in den Quellen. Nach der Geschäftseinteilung des Kriegsministeriums bestand sie aus fünf Gruppen (Geschäftseinteilung Kriegsministerium 1917, 18f.):

„Militärische Angelegenheiten“ (Gruppe I)

„Politische Angelegenheiten“ (Gruppe II)

„Volkswirtschaftliche Angelegenheiten“ (Gruppe III)

„Juridische Angelegenheiten“ (Gruppe IV)

„Demobilisierungsangelegenheiten“ (Gruppe V)

Der ehemalige Mitarbeiter der Abteilung 10/Kriegsgefangene, Ernst Ritter von Streeruwitz, gibt in seinem Typoskript „Kriegsgefangene im Weltkrieg 1914–1918“ an, dass sich die Abteilung in sechs Gruppen gegliedert habe. Die Divergenz zur Geschäftseinteilung des Kriegsministeriums ergibt sich daraus, dass Streeruwitz nicht eine sondern zwei „Politische Gruppen“ anführt: die Politische Gruppe Ost und die Politische Gruppe West. Erstere sei für den Schutz und die Unterstützung der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen in Russland, Rumänien und Japan verantwortlich gewesen, während letztere dieselben Aufgaben zu Gunsten der gefangenen Landsleute in Amerika, England, Frankreich und Italien ausgeübt hätte. (Streeruwitz o. J., 68). Um diese widersprüchlichen Quellenangaben zur politischen Gruppe aufzulösen, scheinen zwei Erklärungsansätze denkbar: (1) Bei der von Streeruwitz angeführten Unterteilung in eine „Politische Gruppe Ost“ und eine „Politische Gruppe West“ könnte es sich um eine interne Trennung gehandelt haben, die nicht in die offizielle Geschäftseinteilung des Kriegsministeriums aufgenommen wurde. (2) Allerdings wäre es auch möglich, dass die von Streeruwitz skizzierte Struktur korrekt war – zumindest bis zum Frühjahr 1917, als er seine Ausführungen über die Organisation des Kriegsministeriums verfasste. Auf Grund des sich abzeichnende Waffenstillstands an der Ostfront könnten in der zweiten Jahreshälfte eine Zusammenführung der zwei „Politischen Gruppen“ stattgefunden haben, die Streeruwitz nicht mehr berücksichtigen konnte, aber Eingang in die Geschäftseinteilung fand. Leider lassen die herangezogenen Quellen keine Auflösung der widersprüchlichen Angaben zu. Aber dieses Beispiel zeigt wie unübersichtlich und mitunter verwirrend die Quellenlage zum Kriegsgefangenenwesen der Habsburgermonarchie sein kann.

Immerhin lässt sich aber die Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Gruppen rekonstruieren. Gemeinsam deckten die Referate der Abteilung 10/Kriegsgefangene alle wesentlichen Bereiche des Kriegsgefangenenwesens von der „Organisation der Kriegsgefangenenlager“ in Österreich-Ungarn bis hin zu den „[i]nnnerpolitische[n] Vorbereitungen für den Kriegsgefangenenaustausch bei Friedensschluß“ ab (Geschäftseinteilung Kriegsministerium 1917, 18f.). Besondere Bedeutung im Bezug auf die Fürsorgetätigkeit der Habsburgermonarchie für die kriegsgefangenen Landsleute im feindlichen Ausland kam der/den Politische(n) Gruppe(n) zu, war(en) sie doch für den Schutz dieser Gefangenen verantwortlich. Hier wurden nicht nur die einlaufenden Nachrichten über die Behandlungen der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen in den feindlichen Staaten ausgewertet und gegebenenfalls Anfragen bzw. Proteste vorbereitet, sondern auch konkrete Hilfsmaßnahmen geplant. Die hier tätigen Militärs kümmerten sich um die Beschaffung entsprechender finanzieller Mittel für die jeweiligen Fürsorgeaktionen5 und übernahmen die Vorbereitung sowie Aufsicht über dieselben6. Darüber hinaus sorgten sie dafür, dass die Schutzmächte, verschiedene neutrale Rot-Kreuz-Gesellschaften und private Hilfsvereinigungen mit Geldern versorgt wurden, um die Kriegsgefangenen vor Ort unterstützen zu können7. Weiters zählte zum Aufgabenbereich der Politischen Gruppe(n) die Entsendung von Vertretern zu (internationalen) Besprechungen und Konferenzen, wobei an diesen Beratungen oftmals auch der Abteilungsvorstand, Oberst Stutz, persönlich teilnahm8. Schließlich gehörte auch die Abwicklung des Austauschs von invaliden Kriegsgefangenen beziehungsweise deren Hospitalisierung in neutralen Staaten zu ihrem Tätigkeitsbereich (Geschäftseinteilung Kriegsministerium 1917, 18f).

Um diese Aufgaben zum Wohle der Kriegsgefangenen ausüben zu können, war eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Stellen nötig. Innerhalb des Kriegsministeriums waren vor allem der zuständige Sektionschef, der Kriegsminister9 und die Abteilungen 15. bzw. 15/B involviert, wenn es darum ging die nötigen Geldmittel für eine Hilfsaktion bereit zustellen10. Darüber hinaus war – je nach Materie – eine Kooperation mit anderen militärischen Stellen, Ministerien und Hilfsorganisationen erforderlich. Beispielsweise kam im Bereich der Liebesgaben dem Militärattaché bei der k.u.k. Gesandtschaften in Stockholm eine wichtige Rolle zu. Er erstattete der Abteilung 10/Kriegsgefangene regelmäßig Bericht über den Stand der Verteilung von Liebesgaben durch das Schwedische Rote Kreuz an die österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen in Russland, leitete Meldungen der schwedischen Rot-Kreuz-Delegierten über die Zustände in den Lagern weiter und traf sich gelegentlich zu Besprechungen mit Ernst Didring, dem Präsidenten des Hilfskomitees für Kriegsgefangene vom Schwedischen Roten Kreuz11. Mit Einrichtungen der Österreichischen bzw. Ungarischen Gesellschaft vom Roten Kreuz kooperierte die Abteilung 10/Kriegsgefangene hauptsächlich bei der Nachrichtengewinnung sowie bei der Vorbereitung und Durchführung der Hilfsaktionen (siehe hierzu Punkt 3 und 4). Wenn es aber darum ging, offizielle Proteste oder Anfragen an die Schutzmacht weiterzuleiten, dann wandte man sich am Stubenring an den Ballhausplatz (siehe Punkt 2). Schließlich entspann sich hinsichtlich der Gefangenen in Russland zwischen der Abteilung 10 und ihrem Pendant beim preußischen Kriegsministerium bereits im Spätherbst 1914 eine enge Kooperation. „Diese Zusammenarbeit umfasste in Grundzügen: Die Beschaffung des Nachrichtenmaterials, die Entscheidung prinzipieller Fragen, endlich die Ausrüstung von Hilfsexpeditionen“ (Streeruwitz o. J., 75). Gerade in letzterem Bereich waren Deutschland und Österreich-Ungarn bestrebt ihre Maßnahmen abzustimmen12. Zu diesem Zwecke standen beide Abteilungen in regem telefonischem bzw. telegraphischem Kontakt. Darüber hinaus fanden immer wieder Besprechungen zwischen deutschen und österreichisch-ungarischen Delegierten statt13. Auf die Zusammenarbeit zwischen der Abteilung 10/Kriegsgefangene und dem k.u.k. Ministerium des Äußeren bzw. dem Roten Kreuz wird weiter unten noch näher eingegangen werden. Es ist aber schon anhand der bisherigen Ausführungen ersichtlich, dass zahlreiche Stellen mit unterschiedlichen Aspekten der Kriegsgefangenenproblematik befasst waren. Die Abteilung 10/Kriegsgefangene fungierte daher im Wesentlichen als „die Sammelstelle, in der alle Kriegsgefangenen-Agenden, mögen sie welches Ressort immer betreffen“ (Streeruwitz o. J., 68), zusammenliefen.

Das k.u.k. Ministerium des Äußeren

Im Vergleich zum Kriegsministerium scheint der Ballhausplatz für die Kriegsgefangenfürsorge nur eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Er fungierte hauptsächlich als Verbindungsglied zwischen der Abteilung 10/Kriegsgefangene und ausländischen diplomatischen Vertretungen beziehungsweise den Schutzmächten. Nachdem die kriegführenden Staaten ihre jeweiligen Botschafter aus den nunmehr feindlichen Hauptstädten abgezogen hatten, waren alle direkten diplomatischen Verbindungen gekappt. Für die Mittelmächte bzw. die Entente bestand somit (zumindest vorerst) keine Möglichkeit zur unmittelbaren Intervention zum Schutze der eigenen Kriegsgefangenen. Daher betrauten die an den Feindseligkeiten beteiligten Staaten neutrale Schutzmächte mit dieser Aufgabe. Aus Sicht der Habsburgermonarchie musste Spanien, nicht nur wegen der familiären Bindungen14, sondern auch auf Grund der engen diplomatischen Beziehungen als idealer Kandidat für die Übernahme dieser Tätigkeit erscheinen (Egger, 1997). Allerdings entschieden sich die Verantwortlichen in Wien im August 1914 anders und betrauten, ebenso wie Deutschland, die USA mit der Schutzmachtfunktion in Russland, Frankreich und Großbritannien15. Die Ansicht des österreichisch-ungarischen Botschafters in St. Petersburg, Friedrich Graf Szápáry16, dass „[…] Amerika am geeignetsten hiezu [wäre], da [eine] Großmacht wirksameren Schutz auszuüben in der Lage ist“17, wurde am Ballhausplatz offenbar geteilt. Aus heutiger Sicht erscheint aber die Entscheidung, die Schutzmachtfunktion den USA zu übertragen als Fehleinschätzung, denn das Zarenreich hatte bei Kriegsausbruch Spanien den Schutz der russischen Interessen in Österreich-Ungarn übertragen. Wenn die Habsburgermonarchie sich dazu entschlossen hätte, ebenfalls Spanien mit dieser Aufgabe zu betrauen, wären alle Fäden in einer Hand zusammengelaufen, wodurch die Verhandlungen mit dem Zarenreich in Sachen Kriegsgefangene wesentlich vereinfacht gewesen wären. Aber nicht nur aus diesem Grund, erscheint die Wahl der USA als Fehlgriff. Die US-Botschaft in St. Petersburg verfügte nicht über das notwendigen Personal und die organisatorischen Ressourcen um die Schutzmachtfunktion effektiv ausüben zu können (Nachtigal 2003). Zudem bemühten sich „[…] die amerikanischen Behörden nach Möglichkeit neutral zu bleiben und beschränkten sich auf die Funktion eines Kuriers zwischen Gegnern. Sie wollten nicht deutsche und österreichische Interessen gegenüber den Russen vertreten“ (Wurzer 2005, 410).

Nachdem sich im Frühjahr 1917 der Kriegseintritt der USA abzuzeichnen begann, musste sich die Habsburgermonarchie nach einer neuen Vertretung ihrer Interessen in Russland umsehen. Die Wahl fiel auf Dänemark. „Maßgebend [hier]für […] war, daß an die schwedische Gesandtschaft in Petersburg bereits sehr große Anforderungen durch die Schutzvertretung des Deutschen Reiches gestellt waren und die maßgebenden Stellen in Wien, aus den Berichten unserer aus Rußland [sic!] [zu]rückgekehrten Rotkreuzschwestern Kenntnis davon hatten, welche rege Anteilnahme der königlich dänische Gesandte, […] Harald von Scavenius, schon damals unseren hart geprüften Kriegsgefangenen zuwendete“18. Im April 1917 fanden Verhandlungen zwischen der österreichisch-ungarischen und der dänischen Regierung in Kopenhagen statt und schließlich erklärten sich die Dänen bereit, dieses Amt zu übernehmen19. Diese Wahl sollte sich als sehr glücklich herausstellen, denn das Dänische Rote Kreuz war seit 1915 zu Gunsten der österreichisch-ungarischen und deutschen Kriegsgefangenen in Russland tätig und verfügte daher über eine gute Kenntnis der Verhältnisse vor Ort (Bludnikow 1989, 688ff.). Zudem erwies sich der dänische Gesandte in Petrograd, Harald von Scavenius, als ein äußerst umsichtiger Diplomat (Nachtigal 2003, 107), dem es „trotz Revolutionswirren […] [gelang] die politische Unabhängigkeit zu wahren und zugleich auch noch verstärkt für die dem Chaos überlassenen Gefangenen zu sorgen“ (Nachtigal 2003, 107). Eine ebenso umsichtig geführte Interessensvertretung erwartete sich Österreich-Ungarn auch von Spanien, welches nach dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915, die Schutzmachtfunktion für die Habsburgermonarchie in Italien übernommen hatte (Kern 1931, 313).

Die Hauptaufgabe des k.u.k. Ministeriums des Äußeren – genauer gesagt dessen Department 7 – bestand darin, als Verbindungsglied zwischen Kriegsministerium und den Schutzmachtvertretungen bzw. anderen neutralen Staaten zu fungieren. Die Tätigkeit beschränkte sich in der Regel auf die Weiterleitung von (Protest-)Noten oder Anfragen an bzw. vom Kriegsministerium, wie die folgenden zwei Fälle exemplarisch zeigen:

Im Spätsommer 1917 erhielt die Abteilung 10/Kriegsgefangene Informationen, denen zur Folge die Lage der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen auf Asinara ungünstig sei. Daraufhin trat das Kriegsministerium an das Außenministerium mit der Bitte heran, eine Verbalnote an die spanische Botschaft in Rom zu richten und diese zu ersuchen, bei den italienischen Behörden eine Verbesserung der Verhältnisse auf Asinara zu erwirken. Am Ballhausplatz wurde daraufhin eine entsprechende Note an die spanische Botschaft in Rom aufgesetzt. Diese wiederum brachte die Informationen des k.u.k. Kriegsministeriums den italienischen Behörden zur Kenntnis. Daraufhin teilte das italienische Ministerium des Äußeren mit, dass sich die „gegenständliche Reklamationen des k.u.k. Kriegsministeriums aus auf der Luft gegriffenen Informationen gründen“20 würden. Die spanische Botschaft leitete diese Antwort an das k.u.k. Außenministerium in Wien weiter, welches wiederum das Kriegsministerium über diese Antwort informierte. In der Abteilung 10/Kriegsgefangene schenkte man der Erklärung des italienischen Außenministeriums zum vorliegenden Fall wenig Glauben, denn es bat das Department 7 erneut die spanische Botschaft um Intervention in dieser Angelegenheit zu ersuchen. Und so wurden die Spanier ein zweites Mal in Rom vorstellig. Die italienischen Behörden blieben allerdings bei ihrer Haltung und konnten zudem auf den günstigen Bericht des spanischen Militärattachés, Don Ramon Sagarra, verweisen, der im Juli 1917 die Kriegsgefangenen auf Asinara besucht hatte21. Dieses Fallbeispiel illustriert wie umständlich der formale Weg einer (Protest-)Note war und es zeigt auch, wie wenig Einfluss das Außenministerium auf den Erfolg hatte. Es konnte lediglich die Informationen des Kriegsministeriums in eine diplomatische Note verarbeiten und an die jeweilige Schutzmacht weiterleiten. Der Erfolg einer solchen Intervention hing dann letzten Endes allein vom Einsatz derselben ab. Diese Tatsache führte dazu, dass es immer wieder zu Verstimmungen zwischen den Schutzmächten und den k.u.k. Behörden kam, weil sich letztere schlecht vertreten fühlten oder mangelnden Eifer für die Sache beklagten (Streeruwitz o. J., 71, 76, 130-144; Streeruwitz 1937, 87).

Weniger heikel als die Vermittlung von Protestnoten und daher erfolgversprechender waren über die Schutzmacht gerichtete Anfragen an die feindlichen Regierungen. Die meisten bezogen sich auf den Verbleib von vermissten Militärpersonen, so auch der folgende Fall aus dem Jahr 1916: Am 23. Mai dieses Jahres meldete der Kommandant des k.u.k. Flugstützpunktes Triest, Linienschiffsleutnant Gottfried Banfield, dass das Seeflugzeug L 86 von seinem letzten Einsatz nicht mehr zurückgekehrt22 und „[d]ie Suchaktionen nach demselben in See“23 erfolglos geblieben sind. Das Flugzeug habe vermutlich auf Grund eines technischen Defektes Notlanden müssen und es bestehe „die volle Hoffnung, daß den beiden Insassen kein Schade[n] zugestoßen“24 sei. Daraufhin richtete die Marinesektion des Kriegsministeriums ein förmliches Ansuchen an das Department 7 des Außenministeriums. Darin wird mitgeteilt, dass die Besatzung von L 86 (Seekadett Friedrich Miltner und Fliegermaat Czaszlowski) am 22. Mai 1916 „in den Lagunen des Tagliamento gefangen genommen worden“25 sei. Das Außenministerium möge Erkundigungen über Schicksal und Aufenthaltsort der beiden einholen. Daraufhin verfasste das Department 7 eine entsprechende Note an die spanische Botschaft in Rom und diese leitete die Anfrage an die zuständigen italienischen Behörden weiter. Letztere teilten das Ergebnis ihrer Nachforschungen wiederum der spanischen Botschaft mit und so konnte diese am 22. Juli 1916 nach Wien melden, dass beide Seeflieger in Bucchianico (Chieti) interniert seien26. Vom Ballhausplatz wurde das Ergebnis schließlich zurück ans Kriegsministerium gemeldet.

Wie in den beiden Fallbeispielen, so verhielt sich das k.u.k. Ministerium des Äußeren auch sonst in Kriegsgefangenenfragen eher passiv und beschränkte sich auf die Weiterleitung von diplomatischen Schriftstücken. Einer der wenigen Bereiche, wo sich der Ballhausplatz aktiv eingeschaltet hat, war die Entschärfung bzw. Ablehnung überzogener Forderungen des Kriegsministeriums27.

Gemeinsames Zentralnachweisebüro, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene

Artikel 14 der HLKO (1907) legte fest, dass „ [b]eim Ausbruche der Feindseligkeiten […] in jedem der kriegführenden Staaten […] eine Auskunftsstelle über Kriegsgefangene errichtet [wird]. Diese ist berufen, alle die Kriegsgefangenen betreffenden Anfragen zu beantworten, und erhält von den zuständigen Dienststellen alle Angaben über die Unterbringung und deren Wechsel, über Freilassungen gegen Ehrenwort, über Austausch, über Entweichungen, über Aufnahme in die Hospitäler und über Strebefälle sowie sonstige Auskünfte, die nötig sind, um über jeden Kriegsgefangenen ein Personalblatt anzulegen und auf dem laufenden zu erhalten“ (Laun 1947, 79-81). Trotz dieser völkerrechtlichen Bestimmung, die auch einen Abriss des Tätigkeitsfeldes enthielt, wusste man beim Roten Kreuz in Wien im August 1914 anscheinend nicht, was nun zu tun sei (Spiegelfeld [1924], 359). Gemäß dem Mobilisierungsplan sollten in Österreich-Ungarn die beiden Rot-Kreuz-Gesellschaften im Kriegsfalle ein Gemeinsames Zentralnachweisebüro einrichten, das die kranken, verwundeten und gefallenen Angehörigen der k.u.k. Armee in Evidenz hält. Dieser Stelle wurde kurzerhand eine zusätzliche Abteilung angeschlossen, deren Aufgabe in der Evidenthaltung der in der Donaumonarchie befindlichen Kriegsgefangenen bestand. Ein wesentliches Hindernis für eine effektive Arbeit dieser Abteilung bestand darin, dass sie nicht mit den Auskunftsstellen im feindlichen Ausland kommunizieren konnte. Ein Mangel, der alle kriegführenden Staaten betraf (Spiegelfeld 1915, 11) und durch die Gründung einer Tochtergesellschaft des Internationalen Roten Kreuzes (IRK) behoben wurde. Deren Aufgabe bestand darin, zwischen den nationalen Auskunftsstellen Nachrichten, Anfragen und dergleichen zu vermitteln. Weiters rief das IRK die nationalen Rot-Kreuz-Gesellschaften zur Gründung von Hilfs- und Auskunftsstellen für Kriegsgefangene auf (Actes Comité International de la Croix-Rouge 1918, 7f.). Auf Grund dieses Appells richteten sowohl das Österreichische als auch das Ungarische Rote Kreuz im Spätsommer 1914 solche Stellen ein, die nun via Genf Anfragen über österreichisch-ungarische Kriegsgefangene an die Auskunftsstellen in den feindlichen Staaten richten konnten.

Der Anfang war sehr bescheiden. Die österreichische Stelle bestand Ende August 1914 gerade einmal aus vier Personen: Baron Spiegelfeld als Chef, zwei Ordonanzen und einer Schreibkraft. Dennoch entwickelte sie rasch eine rege Tätigkeit, was nicht zuletzt dem Organisationstalent ihres Leiters zu verdanken gewesen ist28. Allerdings war diese Einrichtung nicht von Dauer (Spiegelfeld 1915, 11-16). Noch im Herbst 1914 wurden die zunächst getrennt operierenden Stellen vom Österreichischen und Ungarischen Roten Kreuz auf Bestreben des Kriegsministeriums fusioniert und „als eine selbstständige Abteilung dem Gemeinsamen Zentralnachweis[e]bureau eingegliedert“ (Spiegelfeld 1915, 12). Die offizielle Bezeichnung lautete fortan: „Gemeinsames Zentralnachweisebüro, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene“. Zum Präsidenten der neuen Abteilung wurde Markus Freiherr von Spiegelfeld ernannt. Als dessen Stellvertreter diente Albert Graf Nemes29, Delegierter der Ungarischen Gesellschaft vom Roten Kreuz (Spiegelfeld 1915, 12).

Fig. 1. Markus Freiherr von Spiegelfeld, Präsident des GZNB und des Fürsorgekomitees für Kriegsgefangene vom Österreichischen Roten Kreuz, Aufnahme aus dem Jahr 1916, Bibliothek Ansitz Lichtenthurn, Privatbesitz.

Fig. 1. Markus Freiherr von Spiegelfeld, Präsident des GZNB und des Fürsorgekomitees für Kriegsgefangene vom Österreichischen Roten Kreuz, Aufnahme aus dem Jahr 1916, Bibliothek Ansitz Lichtenthurn, Privatbesitz.

Mit der Errichtung des GZNB konnte schließlich ein dauerhafter Rahmen für die zivile Kriegsgefangenenfürsorge geschaffen werden, wenngleich auch nicht alle Aktivitäten hier gebündelt werden konnten (siehe hierzu Punkt 4). Als besonders vorteilhaft erwies sich, dass das GZNB nicht unter staatlicher Leitung stand, sondern vom Roten Kreuz geführt wurde. Obwohl die Auskunftsstelle de facto als Hilfsorgan der Regierung – insbesondere des Kriegsministeriums – diente (Streeruwitz o. J., 75), konnte sie durch ihre formale Zugehörigkeit zum Roten Kreuz „unbedenklich mit ähnlichen Institutionen feindlicher Länder verkehren […]“ (Spiegelfeld 1915, 14). Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn der Regierung stand somit ein Instrument zur Verfügung, mit dem sie – ohne den zeitaufwendigen Weg über die Schutzmacht benützen zu müssen – in direktem Kontakt mit Rot-Kreuz-Organisationen im feindlichen Ausland treten konnte. Darüber hinaus bestand auch die Möglichkeit auf diesem Wege Hilfsaktionen einzuleiten (Streeruwitz o. J., 76).

Das GZNB war für drei große Aufgabenbereiche verantwortlich:

1. Die Erteilung von Auskünften über österreichische und ungarische Kriegsgefangene und Zivilinternierte;

2. die Zensur der Korrespondenzen von denselben und an dieselben;

3. die Fürsorge für die Kriegsgefangenen und Zivilinternierten durch Zusendung von Geldern, Wäsche, Kleidern, Stiefel, Medikamenten, etc., aber auch Bücher, Noten, Musikinstrumenten.

(Unsere Organisation 1917, 3).

Den drei unterschiedlichen Aufgabenfeldern entsprechend, untergliederte sich die Auskunftsstelle in drei Gruppen und ein Präsidium (Abteilung A). Letzteres war für „[…] die Vertretung der Organisation [GZNB] nach außen, die Organisation derselben, wichtige Personalfragen, der Verkehr mit der Presse, die Obsorge für den ständigen Kontakt der übrigen Abteilungen untereinander, die Kostenbeschaffung […] [und] die Leitung der Auskunftei“ (Spiegelfeld 1916a, 3) verantwortlich. Zudem diente das Präsidium auch „als Kanzlei des Österreichischen Fürsorgekomitee [sic!] für Kriegsgefangene und Zivilinternierte“ (Spiegelfeld 1916a, 3). Zu den Aufgaben des Präsidenten gehörte weiters die Teilnahme an Rot-Kreuz-Konferenzen sowie an Besprechungen mit ausländischen Rot-Kreuz-Funktionären30. Auf Grund dieses Aufgabenspektrums und seiner Stellung war der Präsident des GZNB der höchste Vertreter der zivilen Gefangenenfürsorge der Monarchie.

Neben dem Präsidium umfasste das GZNB noch die Auskunfts-, die Korrespondenz- und die Fürsorgegruppe. Jede dieser Gruppen bestand wiederum aus mehreren Abteilungen (Fachgremien). Die erste Gruppe (Auskunftsgruppe) gliederte sich in vier Abteilungen und zwei Filialen (Belgrad und Cetinje), deren Aufgabe – wie der Name schon nahe legt – die Auskunftserteilung über Kriegsgefangene an deren Angehörige war (Spiegelfeld 1916a, 4-6). Noch im ersten Kriegsjahr konnten sich Montenegro, Österreich-Ungarn, Russland und Serbien darauf einigen, die Listen über die jeweiligen Kriegsgefangenen untereinander auszutauschen. Diese Verzeichnisse bildeten fortan die Grundlage der Auskunftserteilung (Spiegelfeld 1915, 12f.). Ebenfalls noch im ersten Kriegsjahr wurde mit der Dezentralisierung des Auskunftswesens begonnen, um den Angehörigen die Einholung von Nachrichten zu erleichtern. Zu diesem Zweck leitete die Auskunftsgruppe die einlaufenden Mitteilungen über Kriegsgefangene an die jeweiligen Landeshilfsvereine bzw. an das Ungarische Rote Kreuz weiter, damit diese, Angehörige, die in ihrem Wirkungskreis lebten, über einlaufende Meldungen verständigen konnten. Allerdings zeigte diese Maßnahme nicht die erwünschte Wirkung (Unsere Organisation 1917, 3), denn es gab noch immer „ungezählte Familien […], deren Angehörige in Kriegsgefangenschaft waren, [und die] von der Existenz unserer Stelle ebenso wenig Kenntnis hatten, wie von der einschlägigen Tätigkeit der Landesvereine […]“ (Unsere Organisation 1917, 3). Im Frühjahr 1917 einigten sich die Landeshilfsvereine und das GZNB daher auf eine weitere Dezentralisierung. Die einzelnen Landeshilfsvereine gründeten Lokalauskunftsstellen, um noch näher bei den Angehörigen sein zu können. Nicht zuletzt um das Personal dieser Stellen über verschiedenste Aspekte der Kriegsgefangenenthematik regelmäßig informieren zu können, gab das GZNB seit 1. August 1917 eine eigene Zeitschrift heraus (Unsere Organisation 1917, 3).

Innerhalb der zweiten Gruppe, der so genannten Korrespondenzgruppe, kam der Zensurabteilung (Abteilung D) (Spiegelfeld 1916a, 4-6) eine besondere Bedeutung zu. Sie wurde im Oktober 1914 auf Anordnung des Kriegsministeriums von Major Theodor Primavesi eingerichtet31. In dieser Sektion wurde sämtliche Korrespondenz – das heißt sowohl die Briefe der eigenen als auch der feindlichen Kriegsgefangenen – unter der Leitung von Offizieren ausgewertet. Hieraus konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die natürlich auch für die Kriegsgefangenenfürsorge von Bedeutung waren32. Reinhard Nachtigal (2003, 100) hebt hervor, dass auf Grund der genauen Analyse dieser Korrespondenzen das k.u.k. Kriegsministerium von Aufenthaltsorten bzw. Arbeitsstätten von Gefangenen wusste, die in russischen Quellen kaum oder gar nicht erwähnt sind. Darüber hinaus konnten die Zensoren den Briefwechseln unzählige militärisch und politisch relevante Informationen entnehmen. Folglich interessierte sich auch das Evidenzbüro für die Arbeit dieser Stelle und es entspann sich eine intensive Kooperation zwischen den beiden Institutionen. Anhand der systematischen Auswertung der Kriegsgefangenenpost wurde beispielsweise versucht, Einschätzungen über die Loyalität von österreichisch-ungarischen Soldaten der einzelnen Nationalitäten in Kriegsgefangenschaft abzugeben33. Wenngleich auch die Mitarbeiter des Kriegsministeriums respektive Evidenzbüros bemüht waren, die Zensurarbeit als Dienst an den Gefangenen zu verkaufen, stellt sich doch die Frage, inwieweit die Arbeit der personell stärksten Abteilung34 des GZNB den Gefangenen tatsächlich geholfen hat. Unzweifelhaft konnte manch wichtige Informationen über den Aufenthaltsort von Gefangenen gewonnen werden. Wenn man aber den Memoiren des letzten Chefs des Evidenzbüros Glauben schenken darf, ging es hauptsächlich darum, nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu gewinnen35.

Ebenfalls zur Korrespondenzgruppe gehörte die Abteilung E, welche unter der Leitung des Grafen Gustav Sizzo-Noris36 stand (Spiegelfeld 1915, 12; Spiegelfeld 1916a, 6). Sie war für die Abwicklung der privaten Geldsendungen an Kriegsgefangene zuständig. Bei dieser Stelle konnten Angehörige Geldbeträge für ihre im feindlichen Ausland gefangenen Verwandten aufgeben. Die Mitarbeiter der Abteilung E besorgten dann die Weiterleitung des Betrages an den betreffenden Kriegsgefangenen. Darüber hinaus oblag der Abteilung E auch die Abwicklung von Geldsendungen an Kriegsgefangene in Österreich-Ungarn. Sie war somit die zentrale Stelle für finanzielle Unterstützungen durch die Angehörigen (Spiegelfeld 1916a, 6f.).

Für die materielle und geistige Hilfeleistung zu Gunsten der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen war schließlich die Fürsorgegruppe zuständig, die ihre Tätigkeit aber erst 1916 in vollem Umfang entfalten konnte. Sie stand unter der Leitung von Rudolf Baron von Slatin37 (Spiegelfeld 1916a, 8-12), der sich mit großem persönlichem Eifer engagierte und eine rege Reisetätigkeit in Sachen Kriegsgefangenenfürsorge entwickelte, wie ein Blick in seinen Kalender zeigt. Allein zwischen März und Juli 1916 reiste er drei Mal nach Skandinavien, um an Konferenzen teilzunehmen bzw., um eine Ausfuhrgenehmigung der norwegischen Regierung für rund 150.000 Paar Militärschuhe, welche unter den österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen in Russland verteilt werden sollten, zu erwirken38.

Die Fürsorgegruppe selbst gliederte sich in die Abteilungen F, H und K. Erstere war – gemeinsam mit der Abteilung 10/Kriegsgefangene und den Fürsorgekomitees für Kriegsgefangene (siehe Punkt 4) – für die Organisation und Durchführung von Hilfsaktionen zuständig. Die Abteilung F unterstand dabei, ebenso wie die beiden Fürsorgekomitees, den Entscheidungen des Kriegsministeriums. Dieses gab die Direktiven für die Durchführung einer konkreten Aktion aus und stellte die finanziellen Mittel bereit. Im Rahmen dieser Vorgaben arbeitete die Abteilung F dann an der Umsetzung der jeweiligen Hilfsaktion, wie zum Beispiel den Schwesternreisen 1915/16 und 1916/17. Am Auswahlverfahren der Teilnehmerinnen für die ersten Schwesternreisen lässt sich diese Vorgehensweise exemplarisch zeigen. Die Abteilung 10/Kriegsgefangene gab die Kriterien für die Auswahl der Schwestern vor (Nachtigal 1998, 368). Anhand dieser Vorgaben machten sich die Mitarbeiter der Abteilung F auf die Suche nach geeigneten Frauen und brachte diese dem Kriegsministerium in Vorschlag39. Die Entscheidung über die letztendliche Auswahl der Schwestern lag wiederum in der Abteilung 10/Kriegsgefangene. An diesem Beispiel wird deutlich, wie zutreffend die Bezeichnung „Hilfsorgan des Kriegsministeriums“ (Streeruwitz o. J., 75) für das GZNB und insbesondere die Abteilung F war. Zum Aufgabenkreis der Mitarbeiter der Abteilung F zählte aber auch die Teilnahme an Konferenzen und (informellen) Besprechungen mit Vertretern feindstaatlicher Rot-Kreuz-Gesellschaften40 sowie der briefliche bzw. telegraphische Kontakt mit den neutralen Rot-Kreuz-Organisationen, um deren Tätigkeiten zu Gunsten der Kriegsgefangenen zu koordinieren. Gemeinsam mit dem Präsidium und den Fürsorgekomitees bildete die Abteilung somit das Herzstück der zivilen Kriegsgefangenfürsorge der Habsburgermonarchie.

Die Abteilung H beschäftigte sich ausschließlich mit der Beschaffung von Lesestoff für die kriegsgefangenen Landsleute. Die rechtliche Grundlage für die Versendung von Büchern an gefangene Offiziere und Mannschaften in Russland bzw. Österreich-Ungarn wurde durch ein Abkommen zwischen dem österreichische und dem russische Fürsorgekomitee für Kriegsgefangene im November 1915 geschaffen (Tätigkeit Abteilung H 1917, 3). Somit konnte mit der Aufstellung eines eigenen Referates innerhalb des GZNB begonnen werden. Anfang 1916 trat dieses Referat als Abteilung H in Dienst, wobei die Leitung zunächst dem Präsidium oblag. Auf Grund des rasch anwachsenden Arbeitspensums erhielt die Abteilung H noch im Juni desselben Jahres mit Erwin Freiherr von Schwartzenau einen eigenen Vorstand. Ihm folgte im Oktober/November 1916 Heinrich Ritter von Wagner nach. Die Abteilung selbst bestand aus zwei Unterabteilungen: H1 und H2. Bei der ersteren konnten Angehörige auf ihre eigenen Kosten Bücher bestellen und an ihre Kriegsgefangenen versenden lassen. Im Laufe des Jahres 1916 gelangten auf diesem Wege 20.000 Bände an österreichisch-ungarische Kriegsgefangene in Russland (Spiegelfeld 1916a, 10f.). Die Aufgabe der Stelle H2 war es, Bibliotheken im Umfang von 300 bis 400 Werken zusammenzustellen und an Kriegsgefangenenlager in England, Frankreich, Italien, Japan und Russland zu versenden. Mittels privater Spenden und öffentlichen Geldern konnten die benötigten Publikationen bereitgestellt werden. Allerdings waren die Zensurvorschriften sehr streng und die Kontrolle der gespendeten Bücher sehr zeitaufwändig. In Deutschland und auch in Ungarn waren daher die zuständigen Stellen dazu übergegangen, Einheitsbibliotheken zusammen zustellen und schließlich folgte auch Österreich diesem Beispiel. Darüber hinaus stellte das Kriegsministerium finanzielle Mittel für den Ankauf einer medizinischen Notbücherei bereit, welche im November 1916 nach Russland abgesendet wurde. Bis Februar 1917 erhielten 120 russische Lager und Spitäler diese Notbücherei. Ingesamt verschickte die Stelle H2 zwischen 15. April 1916 und dem 21. Februar 1917 rund 56.000 Bücher nach Russland. Die Versorgung der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenenlager im Zarenreich mit Lesestoff bildete somit den Tätigkeitsschwerpunkt der Stelle H2 (Tätigkeit Abteilung H 1917, 4-18).

Im Herbst 1916 wurde auf Grund von organisatorischen Veränderungen die Abteilung K dem GZNB angegliedert. Als Vorstand fungierte Hauptmann Karl Legenstein (Spiegelfeld 1916a, 11). Ihm und seinen Mitarbeitern oblag die Verwaltung der „Nachlässe nach gefallenen oder verstorbenen fremden Armeeangehörigen oder von Soldaten, deren Identität und Zugehörigkeit nicht ermittelt werden konnten, [um diese] nach Möglichkeit den Angehörigen zuzustellen […]“ (Spiegelfeld 1916a, 11). Damit leistete Abteilung K den Angehörigen in Gefangenschaft verstorbener Soldaten oft einen letzten Dienst.

Fig. 2. Die Mitarbeiter des Gemeinsamen Zentralnachweisebureaus, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene im Jahre 1915, Bibliothek Ansitz Lichtenthurn, Privatbesitz.

Fig. 2. Die Mitarbeiter des Gemeinsamen Zentralnachweisebureaus, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene im Jahre 1915, Bibliothek Ansitz Lichtenthurn, Privatbesitz.

Wie gezeigt werden konnte, erfuhr das GZNB in den Jahren 1915 und 1916 einen stetigen Ausbau. Den Höhepunkt seiner Tätigkeit dürfte es an der Jahreswende 1917/18 überschritten haben, denn mit dem Waffenstillstand an der Ostfront, dem darauffolgenden Frieden von Brest-Litwosk und der Entsendung einer eigenen k.u.k. Kriegsgefangenenmission nach Petrograd, nahmen die Aufgaben stark ab. Präsident Spiegelfeld notierte am 2. Juli 1918 in sein Tagebuch: „Meine Arbeit – Fürsorge für Kriegsgefangene [–] ist im Abflauen begriffen. Mit Rußland ist nichts mehr zu tun, da die Fürsorge dort von der seit Monatsfrist hingeschickten Militärmission besorgt wird […]. Mit Italien geht Alles so glatt, als das keine Anstände mehr“41. Dennoch überdauerte das GZNB das Ende der Monarchie. Es wurde erst im Frühjahr 1919 liquidiert42.

Fürsorgekomitees des österreichischen bzw. ungarischen Roten Kreuz

Außerhalb des GZNB und doch unter dem Schirm des Roten Kreuzes bildete sich Ende 1914 in Cis- und Transleithanien je ein Fürsorgekomitee für Kriegsgefangene. Erklärtes Ziel dieser beiden Organisationen war es, „[…] eventuelle Sammlungen zu Gunsten unserer in den feindl[ichen] Staaten befindl[ichen] Kriegsgef[angenen] in die richtigen Bahnen zu leiten und sie im Wege des GZNB, Auskunftsstelle für Kriegsgef[angene] und der Kooperation vom Roten Kreuz in den betreffenden feindl[ichen] Staaten ihrer Bestimmung zuzuführen, bzw. von dort einlangende Liebesgaben unter den feindl[ichen] Kriegsgefangenen zu verteilen“43. Wie aus dem Zitat ersichtlich, sollten die Komitees als verlängerter Arm des GZNB fungieren und sich sowohl um die eigenen als auch um die feindlichen Kriegsgefangenen kümmern, wobei allerdings die letzte Entscheidung über die Verwirklichung bzw. die Art und Weise der Umsetzung einer Fürsorgeaktion beim Kriegsministerium (Abteilung 10 bzw. Abteilung 10/Kriegsgefangene) lag44.

Von der Errichtung dieser Komitees erhofften sich die k.u.k. Regierung und das Österreichische bzw. Ungarische Rote Kreuz, dass sie die Gründung analoger Stellen im feindlichen Ausland bewirken möge. Diese Hoffnung sollte sich erfüllen. In Russland, Serbien und im weiteren Verlauf auch in Italien wurden ähnliche Fürsorgeeinrichtungen für Kriegsgefangene geschaffen. (Spiegelfeld 1916b, 6) Die Komitees traten in regen brieflichen und telegraphischen Verkehr. Im Verlauf des Krieges konnte ihre Tätigkeit auf Basis der Reziprozität erweitert und Vertreter neutraler Staaten bzw. neutraler Hilfsorganisationen den jeweiligen Komitees attachiert werden45.

Das österreichische bzw. ungarische Fürsorgekomitee rekrutierte sich nahezu ausschließlich aus Angehörigen der Aristokratie. Die Mitgliedslisten beider Komitees lesen sich stellenweise wie ein „Who is Who“ der Habsburgermonarchie. So finden sich in den Reihen des von Dr. Ignaz von Darány geleiteten ungarischen Komitees u. a. Albert Graf Apponyi, Alexander Graf Esterházy, Julius Graf Károlyi und Alexander Graf Teleki46. Auf österreichischer Seite scheinen als Mitglieder u. a. der ehemalige k.k. Ministerpräsident Max Wladimir Freiherr von Beck, Leopold Graf Goëss, Hugo Fürst Dietrichstein zu Nikolsburg und Erwein Graf Nostitz-Rieneck auf47. Bemerkenswert erscheint zudem die enge personelle und institutionelle Bindung zwischen dem österreichischen Fürsorgekomitee und dem GZNB. In der konstituierenden Sitzung dieses Komitees (21. Dezember 1914) war der Leiter des GZNB, Baron Spiegelfeld, zum Präsidenten des österreichischen Fürsorgekomitees gewählt worden48. Auch der Vorstand der Fürsorgegruppe des GZNB, Baron Slatin, gehörte diesem Komitee an. Die institutionelle Bindung ergab sich dadurch, dass das Präsidium des GZNB zugleich auch als Kanzlei des österreichischen Fürsorgekomitees firmierte (Spiegelfeld 1916a, 3). Auf Grund dieser engen Anbindung erscheint es aus heutiger Sicht oft schwer die Tätigkeit der Abteilung F von der des österreichischen Fürsorgekomitees zu unterscheiden. Eine ähnliche Anbindung an das GZNB lässt sich für das ungarische Fürsorgekomitee nicht nachweisen. Im Gegenteil, auf ungarischer Seite entwickelte sich eine recht eigenständige Tätigkeit, wenngleich man natürlich in regem Kontakt mit dem österreichischen Komitee und dem Kriegsministerium in Wien stand49.

Resümee

Österreich-Ungarn verfügte im August 1914 nur über unzureichende Planungen für die Organisation des Kriegsgefangenenwesens. Wie in anderen europäischen Staaten – so hatte auch in Wien und Budapest niemand mit den gewaltigen Ausmaßen, die das Phänomen Kriegsgefangenschaft zwischen 1914 und 1918 annehmen sollte, gerechnet. Folglich hatte auch niemand entsprechende Pläne vorbereitet, die man nun aus den Schubladen hätte holen können (Oltmer 2006). Dies gilt aber auch für die Organisation der Kriegsfürsorge in der Habsburgermonarchie. Abgesehen von der Bestimmung, dass der Bundespräsident des Österreichischen Roten Kreuzes im Kriegsfall die Funktion eines „k.k. Kommissär für das freiwillige Hilfsvereinswesen“ zu übernehmen habe, existierten keine Planungen für den Kriegsfall (Liechtenstein o. J., 263). Daher mussten die nun benötigten Strukturen praktisch aus dem Nichts geschaffen werden. Es musste improvisiert werden. Die Folge war, dass gerade im großen Bereich der Kriegsfürsorge unzählige Einrichtungen entstanden, die oft nicht klar abgegrenzte Kompetenzbereiche aufwiesen (Liechtenstein o. J.). Ein gutes Beispiel hierfür sind die Überschneidungen zwischen der Abteilung F und dem Fürsorgekomitee für Kriegsgefangene vom Österreichischen Roten Kreuz. Aufgrund der engen personellen und inhaltlichen Verflechtung zwischen diesen beiden Gremien, lassen sich die jeweiligen Tätigkeitsbereiche nicht klar von einander trennen. Hinzu kommt, dass manche Organisationen nicht nur ähnlich klingende Namen – wie am Beispiel des GZNB gezeigt werden konnte – sondern auch über einen verzweigten organisatorischen Aufbau verfügten. Dies führte dazu, dass nicht nur die Angehörigen von Kriegsgefangenen nicht immer wussten, an welche Stelle sie sich richten sollten, sondern, dass es auch aus heutiger Sicht oft schwerfällt, die verantwortlichen Institutionen herauszuarbeiten und ihr Zusammenspiel zu rekonstruieren.

Diesen Widrigkeiten zum Trotz lassen sich bei näherer Betrachtung fünf Einrichtungen festmachen, denen eine zentrale Bedeutung hinsichtlich der Organisation der Kriegsgefangenenfürsorge zukam. Und wenn sich auch nicht alle Widersprüche der Quellen auflösen lassen, so können doch Aufbau, Aufgabenbereich und das Zusammenspiel dieser vier Institutionen rekonstruiert werden. Es ergibt sich dadurch folgendes Bild:

Dem k.u.k. Kriegsministerium bzw. der Abteilung 10/Kriegsgefangene kam – wie gezeigt werden konnte – große Bedeutung bei der Organisation der Kriegsgefangenenfürsorge zu. Ohne die Zustimmung und die finanziellen Mittel dieses Ministeriums konnte keine Hilfsaktion durchgeführt, konnten keine Beschlüsse der Rot-Kreuz-Konferenzen umgesetzt werden. Hier wurden Prioritäten festgesetzt und Direktiven für die Durchführung von Fürsorgeaktionen erarbeitet. Das Haus am Stubenring nahm somit die zentrale Stellung bei der Organisation der Fürsorge für die österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen „in Feindeshand“ ein. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe konnte das Kriegsministerium auf drei Institutionen zurückgreifen, die zwar offiziell unter dem Schirm des Roten Kreuzes firmierten, de facto aber als Hilfsorgane der k.u.k. Regierung dienten. Dabei sollte sich im Verlaufe des Krieges als besonders bedeutsam erweisen, dass das GZNB bzw. die Fürsorgekomitees mit den jeweiligen Stellen im feindlichen Ausland in direkten Kontakt treten konnten. Nicht nur angesichts des umständlichen offiziellen Weges der Kontaktaufnahme mit den feindlichen Staaten über die Schutzmachtvertretung ein großer Vorteil, sondern auch angesichts der Tatsache, dass sich die Vertreter dieser Rot Kreuz Organisationen zu persönlichen Gesprächen treffen konnten, um beispielsweise Hilfsaktionen auf Basis der Reziprozität aus zu verhandeln. Allerdings konnten die drei genannten Rot Kreuz Organisationen in der Regel nicht eigenständig agieren, sondern mussten sich nach den jeweiligen Direktiven des Kriegsministeriums richten. Neben den genannten vier Organisationen war auch das k.u.k. Ministerium des Äußeren mit dem Schutz der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen befasst. Allerdings agierte der Ballhausplatz hauptsächlich passiv. Die Tätigkeit beschränkte sich im Wesentlichen auf die Weiterleitung von Protestnoten und Anfragen an die Schutzmachtvertretungen in Petrograd oder Rom. So kann festgestellt werden, dass das k.u.k. Ministerium des Äußeren im Bereich der Kriegsgefangenenfürsorge eine eher untergeordnete Rolle spielte. Abschließend bleibt noch zu erwähnen, dass Kriegsministerium, Außenministerium, GZNB und die beiden Fürsorgekomitees selbstverständlich nicht die einzigen Institutionen waren, die in der einen oder anderen Form mit der Thematik „Kriegsgefangenenfürsorge“ befasst waren. Aber die größte Bedeutung für die Vorbereitung, Durchführung und Finanzierung der Fürsorgeaktionen kam zweifelsohne diesen fünf zu.

Biographisches

Der Verfasser studiert(e) Geschichte und Politikwissenschaft in Innsbruck. Derzeit arbeitet er an einer Dissertation über die Fürsorgemaßnahmen der k.u.k. Regierung für österreichisch-ungarische Kriegsgefangene in Russland und Italien 1914–1918. Diese Arbeit wird von ao. Univ.-Prof. Gunda Barth-Scalmani (Leopold-Franzens Universität Innsbruck) betreut und dankenswerterweise durch ein Doktoratsstipendium der Universität Innsbruck gefördert. (Kontakt: Matthias.Egger@student.uibk.ac.at)

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  1. Die „Neue Freie Presse“ war eine österreichische Tageszeitung und erschien zwischen 1864 und 1939.  []
  2. Markus Freiherr (seit 1917 Graf) Matz von Spiegelfeld (1858–1943), schlug die Beamtenlaufbahn ein und war von 1907 bis 1913 Statthalter in Tirol. Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, Bd. 13, 20f. []
  3. In diesem Aufsatz ist unter der Abkürzung GZNB immer das „Gemeinsame Zentralnachweisebüro, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene“ zu verstehen. []
  4. Streeruwitz beziffert die Anzahl der Akteneinläufe der Abteilung 10/Kriegsgefangene für 1917 mit 80.000. „Einzelne Referate haben einen Tageseinlauf von über 50 Geschäftsstücken. Unter diesen […] befinden sich Berichte in der Stärke von 20 bis 100 Seiten, welche eine sorgfältige Durcharbeit erfordern.“ Ernst Ritter von Streeruwitz, Kriegsgefangene im Weltkrieg 1914–1918, Typoskript, o. J., Bd. 1, 69. []
  5. Vgl. pars pro toto: Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), Kriegsarchiv (KA), KM 1916 Abt. 10, Krt. 1356, Akt. 1916 10/KgA. Nr. 20200 Widmung neuer Fonds für die Kgf.-Hilfe. []
  6. So finden sich in den Beständen der Abteilung 10/Kriegsgefangene unzählige Berichte und Aufzeichnungen über den Verlauf und den Erfolg der jeweiligen Hilfsaktionen. []
  7. Vgl. pars pro toto: ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1353, Akt 1916 10/KgA. Nr. 12973 Unterstützung bedürftiger Kgf. in Rußland; ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10, Krt. 983, Akt 1915 10 Nr. 109996 Liebesgaben für unsere Kgf. in Russland; und: ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1352, Akt 1916 10/KgA. Nr. 9950 Neuerliche Subventionierung des Tientsiner Hilfkomitees. []
  8. Vgl. pars pro toto: ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1356, Bericht über Stockholmer Besprechungen, Juli 1916; Conférence de Copenhague, Octobre – Novembre 1917. Procés-Verbal et Protocole de Clôture, III; und: ÖStA, KA, AOK-Qu.-Abteilung, Krt. 2582, Referenten Faszikel Italien 1915/1918, Conférence entre les Délègues des Gouvernements Austro-Hongrois et Italien concernant les Prisonniers de Guerre et les Civils. []
  9. Von 1912 bis April 1917 war Alexander Freiherr von Krobatin (1849–1933) Kriegsminister. Im folgte Rudolf Freiherr Stöger-Steiner von Steinstätten (1861–1921) im Amte nach.  []
  10. Vgl. pars pro toto: ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1356, Akt. 1916 10/Kgf. Nr. 20200 Widmung neuer Fonds für die Kgf.-Hilfe. []
  11. Vgl. pars pro toto: ÖStA, KA, KM 1916 Abt 10, Krt. 1349, Militärattaché bei den k.u.k. Gesandtschaften in Stockholm und Kopenhagen an das k.u.k. Kriegsministerium (Für die 10. Abteilung), Stockholm, 8. Jänner 1916. []
  12. Diese Bereitschaft zeigte sich schon bei der ersten größeren Fürsorgeaktion, der so genannten „Jörgensen Hilfe“ 1914/15 und war aus finanzieller Sicht durchaus günstig für Österreich-Ungarn. So heißt es in einem Schreiben des Kriegsministeriums: „Es muss schon als sehr vorteilhaft angesehen werden, dass für alle gemeinsamen Aktionen, welche Österreich-Ungarn und Deutschland für die Kriegsgefangenen unternehmen, ein Abrechnungsschlüssel von 4:1 von Deutschland anerkannt worden ist.“ ÖStA, Haus-, Hof-, und Staatsarchiv (HHStA), MdA, Administrative Registratur F36/388 Krieg 1914–1918 Dep. 7, k.u.k. Kriegsministerium an das k.k. Finanzministerium, Wien, 17. Oktober 1917. []
  13. Um hier nur pars pro toto zwei dieser Besprechungen zu nennen: Im September 1915 reisten Militär-Intendant Heinrich von Raabl-Werner (Abteilung 10/Kriegsgefangene) und Markus Freiherr von Spiegelfeld (Rotes Kreuz) zu Beratungen mit Vertretern des preußischen Kriegsministeriums nach Berlin. ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10, Krt. 983, Akt Abt. 10 Nr. 87921. Im Mai 1916 nahmen Oberst Friedrich und Major Bauer vom preußischen Kriegsministerium an Beratungen im k.u.k. Generalinspektorat der freiwilligen Sanitätspflege in Wien teil. ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1353, Akt Abt. 10/Kgf. Nr. 13071. []
  14. Maria Christina (1858–1929), die Mutter des damals regierenden spanischen Königs Alphons XIII., war eine geborene österreichische Erzherzogin. Klaus Müller, Maria Christina, in: Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, hg. von Brigitte Hamann, Wien 1988, 315–317. []
  15. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/363 Krieg 1914–1918 Dep. 7. []
  16. Friedrich Graf Szápáry von Szápár, geb. 1869 in Budapest, Dr. jur., k.u.k. Kämmerer, begann seine Karriere als Legationsrat im Außenministerium und wurde mit 1. Oktober 1913 zum österreichisch-ungarischen Botschafter in St. Petersburg ernannt. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1918, Gotha 1918, 948; und: Ludwig Bittner und Hans Ubersberger (Hrsg.), Österreich-Ungarns Außenpolitik 1908-1914, Wien und Leipzig 1930, Bd. 9, 133. []
  17. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/363 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Telegramm Nr. 3043, Graf Szápáry, St. Petersburg, 31. Juli 1914. []
  18. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/477 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Die Schutzvertretung Österreich-Ungarns in Rußland (Entwurf einer Presseveröffentlichung).  []
  19. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/477 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Die Schutzvertretung Österreich-Ungarns in Rußland (Entwurf einer Presseveröffentlichung).  []
  20. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/422 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Akt k.u.k. Ministerium des kaiserl. und königl. Hauses und des Äußern, Z 26924/7 1918. []
  21. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/422 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Akt k.u.k. Ministerium des kaiserl. und königl. Hauses und des Äußern, Z 26924/7 1918. []
  22. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/430 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Akt k.u.k. Ministerium des kaiserl. und königl. Hauses und des Äußern Z. 57888/7 1916, beiliegend: Bericht Banfield. []
  23. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/430 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Akt k.u.k. Ministerium des kaiserl. und königl. Hauses und des Äußern Z. 57888/7 1916, beiliegend: Bericht Banfield. []
  24. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/430 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Akt k.u.k. Ministerium des kaiserl. und königl. Hauses und des Äußern Z. 57888/7 1916, beiliegend: Bericht Banfield. []
  25. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/430 Krieg 1914–1918 Dep. 7, k.u.k. Kriegsministerium, Marinesektion an das k.u.k. Ministerium des k.u.k. Hauses und des Äußern, 16. Juli 1916. []
  26. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/430 Krieg 1914-1918 Dep. 7, Embajada de España en Italia, Nr. 3971 an das k. und k. Ministerium des k. und k. Hauses und des Äußern, Rom, 22. Juli 1916. []
  27. Als das Kriegsministerium im Frühsommer 1918 der spanischen Schutzmachtvertretung mangelnden Eifer vorwarf und daher die Schweiz mit der Schutzmachtfunktion betrauen wollte, intervenierte Außenminister Burian persönlich. Er verhinderte diesen überzogenen Schritt, der „zu einer vom Gesichtspunkt der auswärtigen Politik höchst unerwünschten Verstimmung der massgebenden spanischen Kreise gegenüber den österr.-ungar. Monarchie führen müsste.“ ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/422 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Akt k.u.k. Ministerium des kaiserl. und königl. Hauses und des Äußern, Z. 53211/7 1918. []
  28. Vgl.: Bundespräsidium des Österreichischen Roten Kreuzes an Markus Freiherr von Spiegelfeld, Wien, 7. Oktober 1914, (Privatbesitz). In diesem Schreiben heißt es u. a.: „Die von Euer Exzellenz begründete und geleitete ‚Hilfs- und Auskunfts-Stelle für Kriegsgefangene’ des Roten Kreuzes hat in der kurzen Zeit ihrer Wirksamkeit Erfolge aufzuweisen, die in weiten Kreisen der Bevölkerung auf das dankbarste empfunden werden […]. Die ergebenst gefertigte Bundesleitung nimmt gerne Anlass, Euer Exzellenz für die bisherige, so ausgezeichnete Tätigkeit wärmstens zu danken […].“  []
  29. Albert Maria Gabriel Graf Nemes von Hidvég, geb. 1866, Beamter, Reserveoffizier und erbliches Mitglied des ungarischen Oberhauses. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1918, Gotha 1918, 647. Graf Nemes wurde später in seiner Funktion als Stellvertreter durch Ludwig Graf Ambrozy ersetzt. Markus Freiherr von Spiegelfeld, Jahresbericht der Auskunftsstelle für Kriegsgefangene des gemeinsamen Zentralnachweisebureaus sowie des österreichischen Fürsorgekomitees für Kriegsgefangene, Wien 1916, 3. []
  30. Beispielsweise reiste Spiegelfeld bereits Anfang 1915 nach Sofia, um sich mit dem Vizepräsidenten des Serbischen Roten Kreuzes zu treffen und über die Versorgung der österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen in Serbien zu beraten. Markus Graf Spiegelfeld, Lebenserinnerungen, Typoskript o. J. [1924], Privatbesitz, 363. []
  31. ÖStA, KA, AOK-Evidenzbüro Krt. 3795, Theodor Primavesi an das Kommando des Kriegsarchivs, Wien, 25. November 1918. []
  32. So legte die Zensurabteilung regelmäßig Berichte vor, in denen sie die Wahrnehmungen der Zensoren zu sämtlichen Fürsorgeaktionen zugunsten der Kriegsgefangenen präsentierte. Diese Exposés wurden u. a. der Fürsorgegruppe des GZNB zur Verfügung gestellt. Vgl.: ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10 Krt. 1350, Gemeinsames Zentralnachweisbureau, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene an das k.u.k. Kriegsministerium, Wien, 8. November 1916. []
  33. Vgl. pars pro toto: Theodor Primavesi, Bericht des Leiters der Zensur-Abteilung für Kriegsgefangenen-Korrespondenz, Wien, 20. Juni 1915. []
  34. Wie groß die Bedeutung der Zensurstelle war, zeigt die Verteilung der Arbeitskräfte innerhalb des GZNB. Um die Jahresmitte 1915 waren von den insgesamt 572 Mitarbeitern dieser Stelle, 470 als Zensoren tätig. Max Ronge, Kriegs- und Industrie Spionage. Zwölf Jahre Kundschaftsdienst, Zürich, Wien und Leipzig 1930, 148.  []
  35. Beispielsweise wurden über die Zensur der Kriegsgefangenenpost Deserteure ausfindig gemacht. Wenn es gelungen war, die Korrespondenz einem Überläufer zuzuordnen „[…] schob sich die Zensurgruppe durch unverfängliche Karten, auf welchen die Schrift der Angehörigen täuschend nachgeahmt wurde, statt dieser in die Korrespondenz ein, wiegte dadurch die feindliche Zensur und den Empfänger in völliger Sicherheit und gewann eine auf ihre Verlässlichkeit wiederholt überprüfte Kriegsgliederung der serbischen Armee samt den Standorten aller Truppenkörper.“ Max Ronge, Kriegs- und Industrie Spionage. Zwölf Jahre Kundschaftsdienst, Zürich, Wien und Leipzig 1930, 149. []
  36. Gustav Heinrich Maria Graf Sizzo-Noris, Herr auf Kastel Magor bei Trient, geb. 1873 in Trient, k.u.k. Konsul. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1918, Gotha 1918, 893.  []
  37. Rudolf Freiherr von Slatin (1857–1932). Slatin wirkte als britischer Kolonialbeamter im Sudan und geriet während des Mahdi-Aufstandes 1884 in Kriegsgefangenschaft, aus der er 1895 mit britischer Hilfe fliehen konnte. Er wurde 1899 von Queen Victoria geadelt und bald darauf auch in den österreichischen Freiherrnstand erhoben. Auf Grund des Kriegsausbruchs 1914 schied er aus der britischen Verwaltung des Sudans aus und trat 1915 in den Dienst der Kriegsgefangenenfürsorge. Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, hg. von Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, Bd. 12, 350. []
  38. University Library Durham, SAD 440/9/1–102, Appointments Diary for 1916. []
  39. ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10, Krt. 983, Gemeinsames Zentralnachweisbureau, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene an das k.u.k. Kriegsministerium, Wien, 21. Oktober 1915. []
  40. Hier sein nur auf das Treffen von Oberleutnant Epstein (Abteilung F) mit Vertretern des Schweizer bzw. Italienischen Roten Kreuzes in Bern im September 1916 verwiesen, wobei über die Modalitäten eines Invalidenaustausches zwischen Österreich-Ungarn und Italien beraten wurde. ÖStA, HHStA, MdA, Administrative Registratur, F36/477 Krieg 1914–1918 Dep. 7, Gemeinsames Zentralnachweisebureau, Auskunftsstelle für Kriegsgefangene an das k.u.k. Ministerium des k.u.k. Hauses und des Äußern, Wien, 19. September 1916. []
  41. Tagebuch Markus Graf Spiegelfeld, 1. Juli 1918 bis 27. April 1919, Eintrag unter dem 2. Juli 1918, (Privatbesitz). []
  42. Tagebuch Markus Graf Spiegelfeld, 1. Juli 1918 bis 27. April 1919, Eintrag unter dem 17. März 1919, (Privatbesitz). []
  43. ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10, Krt. 982, k.u.k. Kriegsministerium, Abt. 10 an den ungarischen Verein vom Roten Kreuz, 10. Jänner 1915. []
  44. Vgl. pars pro toto: ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1353; Akt 1916 10/KgA. 10/35/40/7. []
  45. ÖStA, KA, KM 1916 Abt. 10, Krt. 1353, Akt 1916 10/KgA. 10/35/40/7. []
  46. Vgl.: ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10, Krt. 982, La Liste des membres du Comité de secours pour les prisonniers de guerre. []
  47. Vgl.: ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10, Krt. 982, k.u.k. Kriegsministerium, Abt. 10 an den ungarischen Verein vom Roten Kreuz, 10. Jänner 1915. []
  48. Vgl.: ÖStA, KA, KM 1915 Abt. 10. Krt. 982, Protokoll über die am 21. Dezember 1914 abgehaltene konstituierende Sitzung des Fürsorgekomités für Kriegsgefangene und Internierte. []
  49. So nahmen an allfälligen Sitzungen im Kriegsministerium auch Vertreter des ungarischen Komitees teil. Vgl.: KM 1915 Abt. 10, Krt. 982, [Bericht über Sitzung vom 13. April 1915], Wien, 15. April 1915. []